Bewertung aus gewerkschaftlicher Sicht

Mitbestimmung beim Datenschutz

Hauptziel der Einzelgewerkschaften sowie des DGB bleibt ein eigenständiges, verständliches Beschäftigtendatenschutzgesetz. Solange hier kein Fortschritt erzielt wird, werden Gewerkschaften durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen versuchen, gute Regelungen im Interesse der Beschäftigten zu vereinbaren. In vielen Betrieben und Unternehmen existieren bereits sogenannte IT-Rahmenvereinbarungen, welche schon heute datenschutzrechtlichen Vorgaben enthalten.

Allerdings mangelt es an notwendigen Mitbestimmungsrechten, um datenschutzrechtliche Vorgaben wirkungsvoll durchsetzen zu können. IT-Rahmenvereinbarungen können nur einvernehmlich zwischen den Betriebsparteien realisiert werden. Um Missverständnissen vorzubeugen, einzelne IT-Anwendungen sind mitbestimmungspflichtig, aber eben nicht allgemeine Vereinbarungen zum Umgang mit datenschutzrechtlichen Fragen.

ver.di fordert deshalb: „Datenschutz als Aufgabe der Betriebs-, Personalräte und Mitarbeitervertretungen im jeweiligen Mitbestimmungsgesetz mit einem entsprechenden Initiativ- und Mitbestimmungsrecht“ (ver.di Bundeskongress: Gute Arbeit in Zeiten der Digitalisierung: beschlossener Antrag D 017, Leipzig 2019).

Durchsetzung von Kollektivverträgen

ver.di hat in seinem beschlossenen Antrag zu Persönlichkeitsrechte im Arbeitsleben sehr deutlich klargestellt, dass nicht nur der Abschluss von Kollektivverträgen, sondern vor allem deren Durchsetzung ein wichtiger Faktor für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten darstellt:

„Auf der kollektivrechtlichen Ebene ist es erforderlich, Mitbestimmungsrechte zu schaffen, die es ermöglichen, Arbeitgeber dazu zu verpflichten, die Vorgaben von Betriebs- und Dienstvereinbarungen entlang der gesamten Datenverarbeitungskette zu garantieren und die zugleich in diesem Rahmen durchsetzbare Kontrollrechte für die Betriebs-, Personalräte und Mitarbeiterinnen-/Mitarbeitervertretungen garantieren“ (ver.di Bundeskongress Persönlichkeitsrechte im Arbeitsleben, beschlossener Antrag E 005, Leipzig 2015).

Gewerkschaften und im speziellen ver.di wird die eigenen Anstrengungen fortsetzen, für den Schutz der Persönlichkeitsrechte im Berufsleben zu sensibilisieren. Die Anspruchslagen der Beschäftigten sind zugleich Auftrag für gewerkschaftliches Handeln. Wenn Persönlichkeitsrechte in den Betrieben nicht aktiv eingefordert werden und Beschäftigte dem Thema nicht genügend Aufmerksamkeit widmen, begrenzt dies kollektive Handlungsmöglichkeiten.

Ein „informationeller Exhibitionismus“ schwächt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Erfahrung mit Benchmarking- und Scoringsystemen zeigt, dass Individuen und Gruppen unter Anpassungsdruck geraten, wenn andere Individuen und Gruppen Daten öffentlich zur Verfügung stellen. Deshalb bleibt kollektives Handeln auch für den Schutz individueller Persönlichkeitsrechte die bedeutsamste Gestaltungoption.