BAG Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13
Unterlassung weiterer Veröffentlichung von Videoaufnahme eines Arbeitnehmers – Einwilligung des Arbeitnehmers
1. Ein Anspruch auf Unterlassung einer weiteren Veröffentlichung von Bildnissen eines Arbeitnehmers kann sich aus §§ 823 I, II 1004 I 2 BGB analog i. V. m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 I, Art. 2 I GG ergeben.
2. Die Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen ist grundsätzlich nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen.
3. Im Fall einer umstrittenen (weiteren) Veröffentlichung sind die §§ 22, 23 KUG spezialgesetzliche Normen, die den Regelungen des BDSG vorgehen.
4. Bildnisse dürfen nach § 22 KUG nur mit Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht, also verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Eine Abwägung der betroffenen Belange zwischen dem Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung ergibt, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf.
5. Von einer generellen Unwirksamkeit der Einwilligung von Arbeitnehmern, weil diese im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht „frei entscheiden“ könnten, ist nicht auszugehen.
6. Eine unbefristet erteilte Einwilligung erlischt nicht „automatisch“ mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dies muss entweder bei der Einwilligung erklärt werden oder in der Natur der veröffentlichten Bildnisse liegen, etwa im Falle der personenbezogenen Werbung des Arbeitgebers.
7. Eine ohne Einschränkungen erteilte Einwilligung kann vom Arbeitnehmer – unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses – widerrufen werden, wenn ein plausibler Grund angegeben wird, warum der Arbeitnehmer durch den Widerruf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nunmehr gegenläufig ausüben will.
BAG Urteil vom 20.10.2016 – 2 AZR 395/15
Verdeckte Videoüberwachung wegen Verdachts der Begehung von Straftaten unter Verletzung eines Zutrittsverbots
Nach der Rechtsprechung wurde die Einwilligung von zwei Lageristen in eine Videoüberwachung für wirksam gehalten, die der Arbeitgeber zur Aufklärung der Ursachen von Fehlbeständen vorgenommen hat:
1. Die Zulässigkeit einer verdeckten Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten setzt nach § 32 Absatz I 2 BDSG Verdachtsgründe im Sinne eines durch konkrete Tatsachen belegten „Anfangsverdachts“ voraus.
2. Das Interesse von Beschäftigten, nicht von einer verdeckten Videoüberwachung erfasst zu werden, ist bei Arbeitnehmern, die sich unter Verletzung eines Zutrittsverbots in einem überwachten Bereich aufhalten, erheblich gemindert.
3. Der Schutzzweck von § 32 Absatz I 2 BDSG gebietet es nicht, datenschutzrechtswidrig erlangte Beweismittel oder hierauf beruhenden – unstreitigen – Sachvortrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess mit einem Arbeitnehmer unverwertet zu lassen, wenn sich die Maßnahme nur wegen der Betroffenheit anderer (dritter) Arbeitnehmer als unzulässig darstellt.