Das Interesse von Arbeitgebern nach aussagekräftigen Informationen potenzieller Mitarbeiter*innen wird durch das in der Rechtsprechung entwickelte „Fragerecht des Arbeitgebers“ beschränkt. Gleichzeitig werden Inhalte und Grenzen dieses Fragerechts durch das „Recht zur Lüge“ bei unzulässigen Fragen konterkariert und können auch mithilfe einer Einwilligung nicht erweitert werden. § 26 BDSG bindet den Arbeitgeber auch in der Phase vor Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses an das Erforderlichkeitsprinzip und nimmt somit Einfluss auf die Konzeption und Durchführung des Auswahlverfahrens. Somit dürfen nur solche Informationen erhoben werden, die – je nach Stand des Bewerbungsverfahrens – für die Entscheidungsfindung tatsächlich benötigt werden. (LfDI BW, Ratgeber Beschäftigtendatenschutz 2020, 4. Auflage)
Background-Checks – zur Zulässigkeit sogenannter Pre-Employment-Checks
LfDI BW empfiehlt, auf die Durchführung dieser Screenings zu verzichten. Den Verantwortlichen würden zudem wegen Art 14. DSGVO umfangreiche Informationspflichten treffen. (LfDI BW, Ratgeber Beschäftigtendatenschutz 2020, 4. Auflage)
Bewerbungsunterlagen – 4-monatige Speicherfrist von Bewerbungsunterlagen
Der LfDI BW hält eine Speicherung von Bewerbungsunterlagen nach Abschluss des Auswahlverfahrens über vier Monate hinaus für nicht erforderlich (Anmerkung der Redaktion: andere LfDI lassen bis zu 6 Monate Speicherfrist zu) und empfiehlt Arbeitgebern, nach Ablauf dieser Zeitspanne eine (automatische) Löschung zu veranlassen. (LfDI BW, Ratgeber Beschäftigtendatenschutz 2020, 4. Auflage)
Anforderung eines Führungszeugnisses vor Beschäftigungsbeginn
Eine solche Datenerhebung kann erforderlich sein für Bewerber auf „Vertrauenspositionen“ (z.B. Lagerverwalter), bei denen Konflikte mit dem Strafgesetz relevant sein können oder deren besondere Zuverlässigkeit von zentraler Bedeutung ist. Eine Einwilligung ist mangels Freiwilligkeit keine taugliche Rechtsgrundlage für die Datenerhebung. (LfDI BW, Ratgeber Beschäftigtendatenschutz 2020, 4. Auflage)
Videointerviews statt Bewerbungs(vor)gespräch
Erfolgt das Interview live und werden Bild und Ton nicht aufgezeichnet, bestehen keine datenschutzrechtlichen Bedenken.
Ob der Bewerber in eine Aufzeichnung freiwillig einwilligen kann, ist aufgrund der besonderen Spannungssituation sehr fraglich. (BfDI Berlin, Jahresbericht 2016, Ziff. 7.3, S. 117)
Künstliche Intelligenz (KI) im Bewerbungskontext
Ob und auf welcher datenschutzrechtlichen Grundlage sich der Einsatz von KI im Bewerbungskontext vollzieht, ist im Kern noch offen.
In der algorithmischen Entscheidungsfindung liegt sicherlich eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Diese Verarbeitung findet automatisiert statt, sodass für eine Sprachanalyse üblicherweise Art. 22 DSGVO zum Zuge kommt. Ferner bedarf es einer Rechtsgrundlage, wobei zunächst an die Einwilligung zu denken ist. Da sich die Bewerber*innen aber sorgen müssen, ist die Einwilligung nicht freiwillig und damit unwirksam.
Die Potentiale und Möglichkeiten von KI können zudem Begehrlichkeiten wecken. Durch KI basierte Bewerberanalyse dürfen daher unter keinen Umständen überschießende Informationen, also für die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses unerhebliche Daten zur Persönlichkeit der Bewerber*innen erhoben und analysiert werden. (BfDI BW, Jahresbericht 2020, S. 106)
Der LDI NRW ging in seinem Tätigkeitsbericht 2017 hinsichtlich der automatisierten Auswertung von Bild- und Tonaufnahmen im Bewerbungsverfahren von einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bewerber aus. Ähnlich sah es auch die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit im Jahresbericht 2016. Demnach wurde die Erhebung und Nutzung von Bewerberdaten auf einer so genannten Recruiting-Plattform mittels eines Programms zur Auswahl von Bewerbern nicht als erforderlich angesehen. (Joos, Einsatz von künstlicher Intelligenz im Personalwesen unter Beachtung der DSGVO und des BDSG, NZA 2020, S. 1216)
Demgegenüber geht die „Art. 29 Datenschutzgruppe“ davon aus, dass der Verantwortliche nachweisen muss, dass die automatisierte Art der Verarbeitung erforderlich ist. Dies sei im Bewerbungskontext beispielsweise denkbar, wenn derart viele Datenmengen für eine Stellenausschreibung eingingen, so dass es ansonsten „praktisch unmöglich“ sei, den „passenden Bewerber zu ermitteln“. Die so genannte „Hambacher Erklärung zur Künstlichen Intelligenz“ der DSK-Datenschutzkonferenz geht grundsätzlich von der Möglichkeit der Bewertung von Bewerbungsunterlagen durch KI aus, trifft aber keine Aussage, ob dies ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung erfolgen kann (Joos, Einsatz von künstlicher Intelligenz im Personalwesen unter Beachtung der DSGVO und des BDSG, NZA 2020, S. 1216). Klar ist aber, dass eine ausschließlich automatisiert herbeigeführte Auswahl nach Art. 22 DSGVO unzulässig ist.